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Verkehrserziehung mal anders

Gestern hatte ich die Gelegenheit ein wenig vom Schweizer Fernsehprogramm sehen zu können. Auch Werbung.

Zur Zeit läuft in der Schweiz eine Kampagne gegen zu schnelles Autofahren. Ist ja eigentlich nichts neues. Man kennt solche und ähnliche Plakate ja aus allen Ländern. In Belgien läuft aktuell eine, wie ich finde, recht originelle Plakatkampagne gegen die Nutzung von Mobiltelefonen am Steuer:

Quelle: http://brf.be/nachrichten/national/118947/

In Deutschland sieht man aktuell Plakate von Autos nach einem Wildunfall und in Australien hat man schon vor Jahren im Rahmen der Kampagne “The Faster You Go, The Bigger The Mess” mit Hilfe von schockierenden Videos versucht, Autofahrer vom rasen abzuhalten (vgl. hier). Ähnliches gab es in England, dort wurde sogar ein 30-minütiger Film produziert, der in Schulen gezeigt werden sollte. Die Liste ließe sich wahrscheinlich fortsetzen, aber auch wenn die Kampagnen sich im Medium unterscheiden, in ihrer Professionalität und der Umsetzung, sie haben alle einen gemeinsamen Nenner: sie wollen schockieren und damit Lerneffekte erzeugen.

Ganz anders die Schweizer. Im Schweizer Raum läuft zur Zeit folgender Spot, den sich auch ganz empfindliche Gemüter ansehen können:


[youtube https://www.youtube.com/watch?v=rDU4bb73vwM?rel=0&w=460&h=230]

Ich bin nicht sicher, ob der Spot die beabsichtigte Wirkung erzeugen kann. Ich vermisse die Botschaft hinter dem Spot. Klar, “Fahr langsam” ist eine klare Botschaft. Aber eine Begründung der Forderung hätte dem Spot ganz gut getan. Und dafür hätten die Macher nur auf ihre  eigene Seite schauen müssen.

Aber: innovative Idee!

Vertragsbedingungen

Ich setze mich zur Zeit aus verschiedenen Gründen mit diversen Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) auseinander. Der Verzicht auf die sog. “abstrakte Verweisung” ist bei der Auswahl der BU in aller Regel ein Grundsatzkriterium. Nur eine BU, die auf die abstrakte Verweisung verzichtet, ist (von wenigen Ausnahmen abgesehen) ihr Geld wert. Behält sich ein Versicherer das Recht der abstrakten Verweisung vor, so prüft der Versicherer beim Eintritt einer Berufsunfähigkeit, ob die versicherte Person einen anderen, gleichwertigen Beruf ausüben kann, wobei gleichwertig in den jeweiligen Bedingungen näher definiert ist, oft als ähnlich in Einkommen und sozialem Ansehen. Kritisch ist das in mehrerlei Hinsicht: ob der Versicherer den möglichen Beruf ausüben möchte spielt genausowenig eine Rolle wie die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Denkbar ist schließlich, dass der Beruf, auf den verwiesen wird auf dem Arbeitsmarkt nicht vorhanden ist oder für den Versicherten aus anderen Gründen nicht wahrnehmbar (Entfernung).

Aus diesem Grund verzichten die meisten Versicherer grundsätzlich auf ihr Recht der abstrakten Verweisung.

Ich hatte vor kurzem einen älteren Vertrag der AachenMünchener (AM) mit Bedingungen vorliegen. In den Bedingungen von diesem Vertrag aus 2004 heißt es:

Berufsunfähigkeit […] liegt nicht vor, wenn die […] Person […] eine andere […] Tätigkeit ausübt […]

(Hervorhebungen von mir; kompletter Auszug unten)

Der Abschnitt hat mich im ersten Moment stutzig gemacht. Bei nochmaligem lesen fiel mir allerdings auf, dass hier von keinem Potential die Rede ist, sondern von einer Tatsache. D.h. die AM behält sich hier das Recht vor, auf einen Beruf zu verweisen, den der Versicherte tatsächlich ausübt, nicht jedoch auf einen, den er ausüben könnte. Hier spricht man von “konkreter Verweisung”, die z.Z. kaum ein Versicherer ausschließt.

Beim Prüfen unterschiedlicher Verträge bin ich auch auf ein Angebot der Zurich gestoßen. Sie wirbt auf ihren Infoseiten zur Zeit u.a. mit folgendem [Quelle]:

Kundenfreundliche Bedingungen:

  • […]
  • Verzicht auf abstrakte Verweisung in den Berufsgruppen 1 bis 3
  • […]
  • Organisatorische Hilfe bei Reha-Maßnahmen: Bei Eintritt des Versicherungsfalls organisiert Zurich kostenfrei die Möglichkeit zu einer Rehabilitations- und Berufsberatung durch anerkannte Fachleute
  • […]

In den Bedingungen von 04/2010, die ebenfalls auf der Seite bereitgestellt werden, findet sich dann jedoch folgendes:

Kann die versicherte Person eine andere ihrer Ausbildung, Erfahrung und bisherigen Lebensstellung entsprechende berufliche Tätigkeit ausüben, liegt keine Berufsunfähigkeit vor“

(Hervorhebungen von mir; kompletter Auszug unten)

Das klingt mir schon eher nach abstrakter Verweisung, denn hier entscheidet laut den Bedingungen das Potential, nicht die tatsächliche Ausübung einer beruflichen Tätigkeit.

Noch krasser ist jedoch, wie sich das Werbeversprechen der “organisatorischen Hilfe” in den Bedingungen wiederfindet:

„Machen wir von der Möglichkeit der Verweisung auf eine vergleichbare, jedoch nicht konkret ausgeübte […] Tätigkeit Gebrauch, so hat die […] Person Anspruch auf eine Beratung zu Maßnahmen mit dem Ziel der beruflichen Integration […]. Die Beratung werden wir […] mit der Verweisung anbieten.“

Aber immerhin bietet die Zurich dann ausgesprochen großzügig an, dass sie „für die Dauer der Teilnahme an der Maßnahme, längstens jedoch für 36 Monate auf die Leistungsfreiheit“ verzichtet. Man bekommt also während der Phase der “organisatorischen Hilfe” immerhin seine Rente. Natürlich nur, wenn die nicht länger als 36 Monate dauert.

Seltsam dabei finde ich vor allem, dass die BU der Zurich durchweg als eine BU ohne abstrakte Verweisung dargestellt wird. Auch auf von unabhängigen Institutionen (vgl. hier). Entweder verstehe ich hier was falsch oder alle anderen…

Aus der AM (Stand: 01/2004):

§ 1 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(1) […] eine Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn diese im Sinne von Absatz 4 a) konkret ausgeübt wird (Verzicht auf Abstrakte Verweisung).

[…]

(4) a) Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt nicht vor, wenn die versicherte Person nach Eintritt des in Absatz 1, 2 oder 3 beschriebenen Zustands eine andere, ihrer Ausbildung und Erfahrung sowie bisherigen Lebensstellung entsprechende Tätigkeit ausübt und sie dazu auf Grund ihrer gesundheitlichen Verhältnisse zu mehr als 50% in der Lage ist, (sic!)

Unter der bisherigen Lebensstellung ist die Lebensstellung in finanzieller und sozialer Sicht zu verstehen, die vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung gemäß Absatz 1 oder 2 bestanden hat. Die dabei für die versicherte Person zumutbare Einkommensreduzierung wird von uns je nach Lages des Einzelfalles auf die im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgelegte Größe im Vergleich zum jährlichen Bruttoeinkommen im zuletzt ausgeübten Beruf, vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung, begrenzt.


Aus der Zurich (Stand: 04/2010) (Quelle):

§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf – so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war – auszuüben. Kann die versicherte Person eine andere ihrer Ausbildung, Erfahrung und bisherigen Lebensstellung entsprechende berufliche Tätigkeit ausüben, liegt keine Berufsunfähigkeit vor.

[…]

Machen wir von der Möglichkeit der Verweisung auf eine vergleichbare, jedoch nicht konkret ausgeübte berufliche Tätigkeit Gebrauch, so hat die versicherte Person Anspruch auf eine Beratung zu Maßnahmen mit dem Ziel der beruflichen Integration (z. B. Fortbildung, Umschulung, Integrationslehrgänge) durch uns oder durch von uns beauftragte anerkannte Fachleute. Die Beratung werden wir der versicherten Person mit der Verweisung anbieten.


Nimmt die versicherte Person an einer solchen Maßnahme mit dem Ziel der Wiedereingliederung in eine gesundheitlich geeignete neue berufliche Tätigkeit teil, dann verzichten wir für die Dauer der Teilnahme an der Maßnahme, längstens jedoch für 36 Monate auf die Leistungsfreiheit wegen der Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit, sofern diese nicht konkret ausgeübt wird. Ausgenommen sind Fortbildungen an allgemeinbildenden Schulen. Die Maßnahme muss sobald wie möglich im Anschluss an die Beratung begonnen werden. Für den Zeitraum ab Eintritt der Berufsunfähigkeit im bisherigen Beruf sowie für die Dauer der Teilnahme an der Maßnahme zur beruflichen Integration, längstens jedoch für 36 Monaten, erbringen wir die versicherten Leistungen.

Die wirklich wichtigen Fragen

Gestern habe ich den Fehler gemacht und einfach ein bisschen durch die Fernsehprogramme geschaltet. Bei sternTV bin ich hängen geblieben. Ich höre ja immer mal wieder davon, dass der Herr Jauch die Sendung ganz toll mache. Von ein paar Aussetzern abgesehen. Und Jauch, so habe ich mal gehört, sei auch ein guter Journalist.

Vielleicht war mein Fehler, genau zu der Zeit einzuschalten, als alle Sender ihre Programme wegen dem Grubenunglück in Chile ihr Programm umstellten. Soweit ich weiß läuft sternTV ja live. Und auch sternTV hatte natürlich einen Reporter vor Ort, der irgendwas über die geretteten Kumpel sagen konnte. Und Jauch hatte, als guter Journalist, natürlich auch Fragen zur Hand. Die erste Frage lautete kurz und prägnant (sinngemäß): “Wie viele Kumpel sind zur Zeit aus der Grube gerettet?”

Leider gab es ein kleines technisches Problem, so dass man die Antwort des Mannes in Chile nicht von Beginn an hören konnte. Aber immerhin konnte der Mann in Chile die Storys erzählen, die er extra für das Interview vorbereitet hatte (auch wenn keiner danach gefragt hatte). Eine Reaktion von Jauch wegen des Tonausetzers gab es nicht. Die Frage blieb unbeantwortet.

Warum stellt der Herr Jauch überhaupt eine Frage, wenn die Antwort scheinbar vollkommen egal ist und der Auslandskorrespondent sowie das erzählt, was er sich vermutlich vorher zurechtgeschrieben hat? Nächstes mal wünsche ich mir als Überleitung: “Mal hören was mein Kollege von vor Ort für unsere Sendung vorbereitet hat.” Dann kann der Kollege einfach erzählen.

Zitat der Woche

Manchmal gelingt es, Probleme zu lösen, ohne das man wirklich weiß, warum. Besonders im pädagogischen Kontext sind die Wirkungszusammenhänge so schwer zu fassen, dass man oft (und meistens unbewusst) blind handelt. Und sich dann am Ende wundert, dass die schönen Ziele irgendwie nicht erreicht werden konnten. Kein Wunder, dass es ein Pädagoge war, der in den 70er-Jahren schrieb:

Wer nicht weiß, wohin er will,
braucht sich nicht zu wundern, wenn er ganz woanders ankommt!