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Zitat der Woche

# Edit 25.10.2008, 20:30 Uhr:

Mich hat soeben wieder eine eMail zu dem Thema erreicht, vom gleichen Absender. Das zitierte Gedicht stammt scheinbar nicht von Tucholsky. Siehe hier.

Ich selber prüfe vor der Veröffentlichung von Zitaten immer kurz nach, ob die Quellenangaben stimmig sind. Bei dem unten abgedruckten Gedicht konnte ich im Internet einige Quellen finden, die Tucholsky als Autor nannten, so dass ich keine Zweifel hegte. Ich sollte demnächst meine Belegquellen vielleicht auch auf Seriosität hin überprüfen und nicht bloß nach dem Schema “wenns oft genug da steht, wirds schon stimmen” vorgehen…

Edit Ende #

Normalerweise ist mein Zitat der Woche immer ein einigermaßen kurzes, was vor allem daran liegt, dass kurze, prägnante Sätze / Aussagen eher gelesen (und behalten) werden. Nebenbei spielt natürlich auch rein pragmatisch eine Rolle, dass meine ausgewählten Zitate auch oben in das “Zitat der Woche” Fenster passen sollen. Eben aus diesem Grunde, habe ich schon mal das eine oder andere Zitat nicht ausgewählt, um den Rahmen nicht zu sprengen.

Davon möchte ich diesmal abweichen. Vom Kommilitonen bekam ich kürzlich eine eMail weitergeleitet, die er seinerseits von einem Bekannten erhalten hatte, die ein Gedicht aus dem Jahr 1930 (!) von Kurt Tocholsky enthielt. Veröffentlicht wurde es damals in der von ihm zeitweise mitherausgegebenen Wochenzeitschrift “DIe Weltbühne”. Wenn man das liest könnte man sich fragen, ob er vielleicht der wahre Nostradmus gewesen ist… oder ob einige Dinge, die uns heute so überraschen vielleicht doch systemimmanent sind:

Wenn die Börsenkurse fallen

Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.

Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz los,
den sie brauchen – echt famos!

Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.

Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heißt, Bewohner müssen raus.

Trifft`s hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken –
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!

Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.

Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.

Für die Zechen dieser Frechen
hat der Kleine Mann zu blechen
und – das ist das Feine ja –
nicht nur in Amerika!

Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an der Reigen –
ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.

Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.

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